Erkennt die Senatorin Aulepp den Ernst der Lage an den Schulen im Land Bremen und ist sie sich Ihrer Zuständigkeit für Bremerhaven bewusst?

In ihrer heutigen Pressekonferenz hat Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) erklärt, dass aktuell in der Stadt Bremen 75 und in Bremerhaven 126 Lehrerstellen unbesetzt sind. Im Land Bremen ist Bildungspolitik besonders wichtig und darf nicht zum Zweck der Stimmungsmache vereinfacht werden. Doch ein bemerkenswertes Interview von Senatorin Aulepp 2 Tage vorher weckt berechtigte Zweifel, ob die Senatorin den Ernst der Lage an den Schulen im Land Bremen begriffen hat. Denn das Anerkennen von Realitäten bleibt notwendig, um eine Trendwende beim dramatischen Lehrermangel zu erreichen – gerade für die Leitung der Bildungsbehörde. Neben den 126 Lehrkräften fehlen 50 pädagogische Unterstützungskräfte, aber Frau Aulepp sagt: „Natürlich ist ein Schuljahresstart auch aufregend, aber ich glaube, wir kriegen das ganz gut hin. Ich bin da durchaus zuversichtlich, insbesondere, was die Personalsituation angeht: Da haben wir ordentlich geackert, um Lehrkräfte einzustellen.“

Auch der Reporter scheint auf so viel Optimismus der Senatorin nicht vorbereitet zu sein und fragt nach. Ein Teil der erstaunlichen Antwort: „Was wir tatsächlich durch intensive Arbeit über die Sommerferien geschafft haben, ist, dass wir einen deutlich geringeren Bestand an noch nicht besetzten Stellen haben als andere Bundesländer. Da guckt nicht nur Bremerhaven interessiert und vielleicht auch durchaus ein bisschen neidisch auf uns, sondern auch andere Bundesländer wie Niedersachsen, Hamburg und Berlin.“

Maximilian Charlet, Vorsitzender der MIT: „Man kann nur rätseln, was Senatorin Aulepp meint, wenn sie von einem 'deutlich geringeren Bestand' an unbesetzten Stellen im Vergleich zu anderen Bundesländern spricht – vielleicht die absolute Zahl der unbesetzten Stellen in Bremen im Vergleich zum mehr als 13-mal größeren Niedersachsen. Spannend wird es, wenn die Senatorin zu dem Urteil kommt, dass Bundesländer wie Niedersachsen und Hamburg – dem es bei einer ähnlichen Ausgangslage gelungen ist, die Leistungen der Schüler in den letzten Jahren durch systematische, evidenz-basierte Untersuchungen deutlich zu verbessern – neidisch nach Bremen schauen.“

Irene von Twistern, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Stadtverordnetenfraktion in Bremerhaven fragt zudem: „Worauf sollen 'wir' denn konkret neidisch sein? Bei allen Schwierigkeiten in Bremerhaven und Bremen bleibt festzuhalten, dass wir in Bremerhaven aktuell 2 neue Grundschulen und 2 Oberschulen errichten – Bremen hat noch nicht mal mit der Bauplanung begonnen. Seit Jahren haben wir kommunal mannigfache Programme zur Personalgewinnung aufgelegt – in der Stadtgemeinde Bremen ist dies ausgeblieben. Im Gegenzug werden alle notwenigen senatorischen Entscheidungen nicht bearbeitet oder in die Länge gezogen. Bremern hinkt seit Jahren unseren Entscheidungen hinterher oder versucht innovative Ideen aus Bremerhaven zu übernehmen - und noch nicht mal das gelingt wirklich (s. Sprachförderung oder Schulbau). Mit der anhaltend hohen Schülerinnenzahl und Schülerzahl in der Sekundarstufe I geht weiterhin ein großer räumlicher Bedarf einher. Diesem trägt der Magistrat mit dem Bau von zwei Oberschulen Rechnung, und zwar gemeinsam mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft STÄWOG und BIS in Form des innovativen Allianzbauverfahren. Das Hauptproblem bleibt die Werbung für das Referendariat, welche in der Hauptsache Landesaufgabe ist.“

Maximilian Charlet abschließend: „Die Situation an unseren Schulen ist seit vielen Jahren viel zu ernst, um so abgetan zu werden. Es ist ganz klar, dass Schule in Großstädten mit oft schwierigen sozialen Bedingungen anspruchsvoller zu gestalten ist als zum Beispiel in dörflichen Regionen. Aber das ist seit Jahrzehnten so, und die Situation wird zunehmend herausfordernder. Es gibt in Bremerhaven und der Stadt Bremen viele Lehrer, die mit sehr viel Herzblut und Hingabe ihren immer herausfordernder werdenden Job erledigen. Für diese müssen sich die beschönigenden Worte der Senatorin irritierend anhören. Wir appellieren an die Senatorin, die existierenden Probleme klar und ehrlich zu benennen. Dies ist ihre Aufgabe als Leiterin der Bildungsbehörde und nur so kann sich die Situation bessern. Schönreden hilft nichts – am allerwenigsten den vielen Schülerinnen und Schülern, die um ihre Bildungschancen gebracht werden.“